Meine Episoden – Teil 3 …to be continued…

„And it burns, burns, burns…“

Meine aktuelle Depression ist die Missachtung eines Burnouts, der schon so massive Ausmaße hatte, die ich selber nicht wahrgenommen habe. Und wenn die Seele nicht gehört wird, bittet Sie den Körper zu reagieren. Und das tat mein Körper. An dem Morgen als es losging, war ich wie festgeklebt in meinem Bett. Die Lähmung, die Schwere, die massive Traurigkeit waren wieder da. Es war wie ein alter Freund, der sich auf die Bettkante setzte, mir auf die Schultern klopfte und sagte: „Da bin ich wieder. Hast Du mich vermisst?“

Mein Mann musste mich krankmelden. Ich war zu nichts in der Lage. Vor allem das Sprechen viel mir schwer. Atmen auch. Panikattacken waren neu – wenn es losgeht, dann ist es, als würde ein Amboss auf meiner Brust liegen. Ich kann dann nur flach atmen. Jedes laute Geräusch ist wie Fingernägel auf der Tafel. Jede Frage, eine Kampfansage, jede Aufforderung etwas zu tun, wie eine Bedienungsanleitung in einer Sprache die ich nicht verstehe.

Die ersten 7 Wochen meiner Krankschreibung war ich ein Dornröschen unter den Murmeltieren. Wenn ich es auf 6 Stunden „wach sein“ am Tag geschafft habe, im Sinne von etwas aufnehmen können, was um mich geschieht, war das schon viel. Ich wusste gar nicht, wie müde und erschöpft ein Mensch sein kann. Diese 6 Stunden habe ich hauptsächlich zur Betreuung meiner Kinder genutzt. Sobald mein Mann von der Arbeit kam, ging ich zurück in meine Murmeltierhöhle.

Das ist einer der Unterschied zu den 2 voran gegangenen Episoden: das hohe Schlafbedürfnis. In diesem Fall ist es der Kombination aus Burnout und Depression geschuldet. Nein, eine Depression ist kein Burnout, und ein Burnout nicht zwangsläufig eine Depression. Erst wenn ein Burnout nicht ausreichend beachtet und behandelt wird, stehen am Ende Depressionen, die man dann zusätzlich behandeln muss. Laut Definition ist ein Burnout keine Krankheit, sondern eine Risikosituation, aus der sich psychische oder psychosomatische Störungen entwickeln können. Willkommen Panikattacke!

Ein weiterer Unterschied ist die Suizid-Einschätzung. Bei dieser Depression nennt man es nun passiven Todeswunsch ohne manifeste Suizidalität. Übersetzt bedeutet es: Ich habe nicht vor, mir aktiv das Leben zu nehmen. Ich bin aber im wahrsten Sinne des Wortes „lebensmüde = also müde vom Leben!“ Ich empfinde ein Gefühl der Erleichterung bei der Vorstellung, mir würde heute jemand sagen, dass morgen ALLES vorbei ist. Eine Art Heimweh nach dem Paradies, der Zwischenwelt, dem Nirwana oder dem Jenseits, nenn es wie Du willst. Man hat damit so irre Gedanken wie: „Eine lebensverkürzende Diagnose, mit tödlichem Ausgang, wäre jetzt genau richtig. Dann könnte ich loslassen, den Ballast abwerfen. Müsste mich nicht mehr verstellen und zusammenreißen. Dürfte uneingeschränkt traurig sein. Könnte mich von allen verabschieden und dann gehen. Die Einsamkeit wäre zu Ende. Ich komme nach Hause.“

Dem allein steht nur die Liebe zu meinen Kindern und meinen Hunden gegenüber. Eine Art Lebensversicherung, die mich stillschweigend an dieses Leben bindet. Somit habe ich die 6 besten Gründe auch diese Episode zu überstehen: zwei Zweibeinige im Alter von 5 und 7 Jahren, und vier Vierbeinige im Alter zwischen 0,8 – 3 Jahren. Also darf ich auch dieses Mal die Krankheit nicht gewinnen lassen! Zudem hat Hildegard von Bingen gesagt: „Gib den Menschen einen Hund, und die Seele wird gesund.“ Dann habe ich wohl die besten Voraussetzungen.

Das Blöde dabei ist nur, dass vor der Heilung die Bürokratie steht: lange Wartelisten, wenig Therapieplätze und zu wenig Ärzte oder Psychotherapeuten. Wenn Du als depressiver Mensch aus dem schnellen Leben aussteigst, weil Du mit der Geschwindigkeit, die die Welt fordert, nicht mehr mitkommst, dann wirst Du abgehängt und allein gelassen, wie ein alter Wagon. Mein Reha-Antrag hat einen Umfang von 35 Seiten. Davon sind „nur“ sieben Seiten Arztberichte und Gutachten. Diesen Antrag auszufüllen war wie einen Berg mit Krücken zu besteigen. Wer denkt sich so etwas aus? Aber ich habe es geschafft. Die zweite Hürde ist bewältigt. Doch am schwersten und wichtigsten war sowieso die erste Hürde zu nehmen – mir einzugestehen, dass es an der Zeit ist, professionelle Hilfe erneut in Anspruch zu nehmen.

Solltest Du überlegen, was Du tun sollst, und welche Möglichkeiten es gibt, dann schau mal hier.